Der Falke – Sonderheft 2024

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Rabenvögel

Rabenvögel faszinieren die Menschen mit ihrer legendären Intelligenz und ihren außergewöhnlichen (Über)Lebensstrategien. Grund genug, in diesem Sonderheft einen ausführlichen Blick auf ihre Biologie und Lebensweise zu werfen. Lesen Sie unter anderem, warum Rabenvögel Singvögel sind, über Arten weltweit oder ihre Rolle in Mythen und Sagen.

64 Seiten


Alpenkrähe (Foto: Hans-Joachim Fünfstück)

Wolfgang Fiedler:
Rabenvogel-Verwandtschaft: Das sollen Singvögel sein?

Immer wieder erlebt man bei Gesprächen über Rabenvögel das Erstaunen, dass diese Gruppe zu den Singvögeln gehört. Bisweilen wird es als geradezu ungeheuerlich empfunden, dass die schwarzen Krächzer sich in die erlauchte Gruppe der unbescholtenen, knopfäugigen Meisen, Finken, Rotkehlchen und sogar der Nachtigall geschmuggelt haben. Der eine oder andere hat hier auch schon einen hinterhältigen Trick der Vogelschützer vermutet, um die Rabenvögel in den Genuss des Schutzes kommen zu lassen, der unsere Singvögel seit 1979 vor direkter Verfolgung schützt. Abgesehen davon, dass, wie wir gleich sehen werden, eine einfache Erklärung für diese verwandtschaftliche Einordnung existiert, sind Rabenvögel aber durchaus als stimmgewaltig zu bezeichnen. Kolkraben können nicht nur die menschliche Stimme nachahmen, sondern auch über 80 verschiedene Ruftypen äußern, wie Ueli Pfister an der Universität Bern zeigen konnte. Nur singen sie nicht nach menschlichen Vorstellungen – aber darauf kommt es im Rabenvogelleben eben auch nicht an.

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Inkablaurabe (Foto: Adrian Rupp)

Thomas Brandt:
Weit verbreitet und vielfältiger als man denkt: Rabenvögel weltweit

Rabenvögel sind in Mitteleuropa weit verbreitet, häufig und stete Begleiter auf jeder ornithologischen Exkursion. Wir haben oft ein eher düsteres Bild von ihnen, sicher aufgrund der Gefiederfärbung der meisten Arten, der weniger detailreichen Gesänge und Rufe sowie der Nahrungssuche. Oft sehen wir Aaskrähen, Kolkraben und Elstern am Straßenrand an überfahrenen Tieren fressen oder – gleich in Scharen – Nahrung auf ansonsten langweiligen Ackerflächen suchen. Die Familie der Rabenvögel, deren Arten anhand äußerlicher Merkmale etwas subjektiv jeweils den Raben, Krähen, Dohlen, Elstern oder Hähern zugeordnet werden, ist aber weitaus vielfältiger. Einige Arten gehören zu den farbenprächtigsten Vögeln der Welt, andere leben heimlich allein oder in Familienverbänden und wieder andere brüten in großen Kolonien. Rabenvögel besiedeln die unterschiedlichsten Landlebensräume von Wüsten bis zum üppig wachsenden Regenwald, vom Hochgebirge bis zu den Küsten – und das beinahe weltweit. Unter ihnen sind auch Lebensraumspezialisten und Inselendemiten, die heute sehr selten und gefährdet sind. Viele Arten werden als Käfigvögel gehandelt und so intensiv verfolgt, dass sie im Freiland schon so gut wie ausgerottet sind.

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Wolf und Kolkraben (Foto: Matthias-Claudio Loretto)

Matthias-Claudio Loretto:
Eine besondere Beziehung? Kolkraben und Wölfe

Sowohl in der Mythologie als auch in der Wissenschaft wurde Kolkraben und Wölfen häufig eine besondere Beziehung zueinander nachgesagt. Wissenschaftler vermuteten, dass Kolkraben im Winter Wölfen häufig folgen, um von deren Rissen zu fressen. Diese Annahme konnte jedoch nicht in dieser Form bestätigt werden. Unbestritten jedoch bleibt die Tatsache, dass Kolkraben öfter an Wolfsrissen fressen als an Rissen von Pumas, wenn beide im selben Gebiet leben. Es konnte nur äußerst selten beobachtet werden, dass Kolkraben den Beutegreifern über längere Strecken folgen. Selbst im riesigen Yellowstone-Nationalpark fliegen Kolkraben stattdessen fast täglich zu Mülldeponien und anderen menschlichen Hinterlassenschaften außerhalb des Schutzgebiets. Vermutet wird allerdings, dass Kolkraben lernen können, in welchen Gebieten häufig Wölfe beziehungsweise deren Risse zu finden sind – möglicherweise sind diese eine willkommene Alternative zum „Fastfood“ der Mülldeponien. Solche und weitere Fragen werden im Rahmen eines Forschungsprojekts seit 2019 im Yellowstone-Nationalpark untersucht.

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Veröffentlichungen
  • Schilt, M.: Krähen – Die Natur beobachtet uns (DVD)
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