Der Falke – Sonderheft 2018

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Lebensräume aus zweiter Hand

Der Verlust natürlicher Lebensräume ist seit Jahrzehnten ein wichtiger Faktor beim Bestandsrückgang vieler Vogelarten. Vögel dürfen deshalb nicht losgelöst von ihrem Lebensraum betrachtet werden, dessen Erhalt oder Wiederherstellung oberste Priorität besitzen sollte. Für einige Arten können aber auch von Menschen geschaffene Habitate die nötigen Bedingungen erfüllen. In diesem Sonderheft werden „künstliche“ Lebensräume und ihre Arten, aber auch auftauchende Probleme und Lösungsansätze vorgestellt, z.B. Streuobstwiesen, Abbaustellen und Stauseen.


Dieser Hochmoorkomplex wurde bereits entwässert, kleinparzelliert abgetorft und für den großflächigen Abbau vorbereitet. Im Rahmen der Wiedervernässung entstanden zahlreiche Flachwasserbereiche. Die erkennbaren Verwallungen wurden erforderlich, um das Wasser flächig im Gelände halten zu können. (Foto: T. Beuster)

Thomas Brandt:
Lebensraum für Spezialisten: Natürliche Hochmoore und Torfabbau-Folgelandschaften

Es ist nur einige Jahrzehnte her, als Hochmoore noch große Teile Nordwestdeutschlands bedeckten. Allein im heutigen Niedersachsen machte das Ökosystem mit einer Gesamtfl äche von einstmals etwa 2500 km2 mehr als 5 % der Landesfl äche aus, in Schleswig-Holstein waren es fast 3 %. Davon waren in Niedersachsen bereits zu Beginn der 1980er Jahre, vor allem durch Abtorfung und landwirtschaftliche Nutzung reduziert, nur noch etwa 0,5 % (122 km2) übrig, welche die Bezeichnung naturnah oder natürlich verdienten, im nördlich angrenzenden Bundesland 0,35 %. Kein Wunder also,
dass die typischen Hochmoorbewohner heute zu den am stärksten gefährdeten Arten zählen. Aber es gibt durchaus Bemühungen, in den wenigen naturnahen Restmooren die moortypische Fauna und Flora zu retten und – soweit möglich – in abgebauten Mooren wieder anzusiedeln. Welche Bedeutung haben diese mehr oder weniger intensiv geschädigten Landschaften für den Vogelschutz und lohnt sich der nicht einfache Einsatz der Naturschützer?


Die Schlafplätze der Kraniche sind oft in gesperrten Bereichen und bieten daher Ruhe für die Tiere. (Foto: Wannichen)

Ralf Donat:

Neues Leben nach der Kohle: Bergbaufolgelandschaften

Zu den am stärksten vom Menschen beeinfl ussten Gebiete gehören solche, die durch den Abbau von Braunkohle zunächst vollständig devastiert und durch nachbergbauliche Sanierung völlig neugestaltet werden. Neben großen Herausforderungen zur bergrechtlichen Sicherung, Wiederherstellung der Landschaftsfunktionalität und Wiedernutzbarmachung ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, naturschutzfachlich hochwertige Landschaften zu entwickeln oder sich selbst entwickeln zu lassen. Ein Beispiel dafür ist „Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen“ im Süden Brandenburgs, wo Naturschutz und Bergbau eng zusammenarbeiten und Erholungslandschaften für Natur und Mensch schaffen. Hier entwickeln sich erstaunliche Lebensgemeinschaften, die durch voranschreitende Sukzession im stetigen Wandel sind.


In Astlöchern alter, knorriger Apfelbäume findet der Steinkauz Brut- und Versteckmöglichkeiten. Der Erhalt solcher Bäume ist für den Schutz des kleines Kauzes und vieler anderer Arten sehr wichtig. (Foto: V. Wege)

Martin Hormann:

Eine Arche für die Vielfalt: Streuobstwiesen

Streuobstwiesen sind eine traditionelle Form des Obstbaus, bei denen Hochstämme verschiedener Obstarten und -sorten, Alters- und Größenklassen auf Grünland stehen und den Eindruck vermitteln, als seien die Bäume zufällig über die Wiese „gestreut“ seien. Der Begriff Streuobst stammt aus den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Er war überwiegend in der Schweiz und Süddeutschland verbreitet und hat sich seither in der Naturschutzpraxis bundesweit durchgesetzt. Eine in Deutschland nur noch selten in Franken, Südbaden, Sachsen-Anhalt und dem südlichen Brandenburg verbreitete Sonderform stellen „Streuobstäcker“ dar.

Weitere Inhalte
  • Stefan R. Sudmann: Was haben das renaturierte Moor und der Industrieschornstein gemeinsam? Lebensräume aus zweiter Hand
  • Thomas Brandt: Wunden in der Landschaft oder Segen für die Natur? Steinbrüche, Sandgruben und Kiesseen
  • Thomas Brandt: Nachnutzungsplanungen bereits vor Abbauende: Kiesseen im Wesertal
  • Dieter Kaus: Wasser- statt Wiesenvögel: Der Altmühlsee in Franken
  • Gerhard Lakmann, Michael M. Jöbges: Größtes von Menschenhand geschaffenes Natur reservat in Nordrhein-Westfalen: Das Steinhorster Becken
  • Michael Harengerd: „Paradies aus Menschenhand“: Die Rieselfelder Münster
  • Einhard Bezzel: Zeitreise: Wo waren Gebäudebrüter als es noch keine Städte gab?
  • Anita Schäffer: Heiß begehrter Lebensraum: Gärten
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